Barrique-Wein

Wein auf Sägespänen

Wundersame Auferstehung des alten Holzfasses

Ähnliches wie die Geschichte mit dem trockengereiften Rind gibt es eine im Weinhandel. Der propagiert den "Barrique-Wein", diesmal auf Französisch veredelt, der Sprache der vermeintlichen Weinkenner. "Barrique" ist das Holzfass, in der Regel aus Eiche.
Bis in die Fünfziger, Sechziger war Wein immer Fasswein und erhielt so seinen Holzton, besonders beliebt beim Rotwein, durch die vom Holz abgegebene und konservierende Gerbsäure, das Tannin. Dann folgten die Aluminium- bzw. Edelstahlfässer. Riesenbehälter und Container konnte man damit bauen.
Als Begründung wurde Hygiene angeführt, da sie leicher zu reinigen seien. Die halbe Wahrheit, denn Container konnten ewig eingesetzt werden, Fässer dagen waren teuer, auch im Unterhalt, beanspruchten mehr Platz und bewirkten "Schwund" durch Verdunstung. Der Wein wurde durch den Wasserverlust etwas "dicker".

Altes Handwerk neu verpackt

Und nun kommt wie beim gut abgehangenen Rind auch der Wein in neuen Schläuchen daher, mit entsprechendem Aufpreis natürlich.
Dabei gibt es den "Fasswein" noch: Das ist heute der billigste "Fusel", auch auf Festen ausgeschenkt, teils als Landwein bekannt. Woher stammt der "Fasswein"? Aus dem Alucontainer. Eine Umkehrung der ursprünglichen Verhältnisse, der Bedeutung, ein Widersinn. Das alte Holzfass wird entwertet und feiert als "barrique" Auferstehung. Auch holztonveredelten Rotwein kann man bei uns kriegen. Da die Kunden gereist sind und grade beim Rotwein in Richtung der aus dem Mittelmeergebiet bekannten herben Hölztöne gehen, setzt man dem hiesigen brombeersaftigen Burgundern z.B. Holzspäne zu. Man steckt quasi das Holzfass ins Alufass, um einen aus Kostengründen längst aufgegebenen Zustand zu simulieren. Prosit!

Sprachliche Ausgrenzung

Zu beiden tollen Neuerungen ist noch Folgendes anzumerken:
Gesellschaftlich bedeutsamer Nebeneffekt ist wie beim Artikel über die Trockenreifung, dass die Oma - wie auch Kinder - mal wieder nichts mit dem Begriff anfangen kann. Sprachlich wird sie unnötigerweise schlicht ausgeschlossen, denn sie spricht weder Englisch noch Französisch, noch kann sie es lesen. Sie wird auf das Verständnisniveau unverständiger Kinder an den Rand gedrückt, gesellschaftlich ausgegrenzt. Sie versteht die Welt nicht mehr - und wir auch immer weniger. Dabei ist das in diesen Fällen sogar ihre Welt. So hat sie sie gekannt.
Erzählt der Enkel und ist die Oma auf einmal ziemlich still, obwohl sie vorher doch noch lebhaft mitgeblubbert hatte, dann kann man sich mal fragen, warum. Was kriegt sie von der anglizismengespickten Sprache, in der Jugendliche sich ausdrücken, denn noch mit? Man bitte den Enkel doch mal, diesselbe Geschichte noch mal zu erzählten, für die Oma, was ihn ins Stottern bringen könnte. Man stiehlt uns unserer Sprache.

Forderung: Fasswein immer, für alle, weg mit dem Alucontainern!

Eine letzte Anmerkung zu Aluminium: Jahrzehntelang wurde uns das genau wie Plastik als angeblich neutraler Stoffe verkauft. Ein Irrglaube, der Aluminium reagiert durchaus mit Säuren und Laugen und wird in neuester Zeit mitverantwortlich für Alzheimer gemacht. Wir nehmen es u.a. über das Kochgeschirr und über Sprays auf. Wenn auf einer Kochseite der Tipp gegeben wird, dass sich Aluminiumtöpfe leicht reinigen lassen, wenn man mal Rhabarber in ihnen koche, so ist das Irrsinn. Man google mal "Aluminium Camelford".