Bioprodukte

Vom Nischenprodukt zum Trend

Bio-Lebensmittel auch im Supermarkt

Einst waren biologisch angebaute Lebensmittel ein Nischenprodukt, das Menschen mit Birkenstocksandalen in Bioläden kauften. Inzwischen weitete sich der Markt aus, denn auch Supermärkte führen "ganz selbstverständlich" Bio-Lebensmittel. Leider erfahren Biobauern durch den Boom ihrer Branche nicht nur Gutes sondern auch Preisdruck, sinkende Qualität und andere Ärgernisse. Lebensmittel im Supermarkt garantieren meist nur einen Mindest-Biostandard.

Ach ja, mancher erinnert sich mit Freuden an die Anfänge der Biobewegung. Als die Käufer Wert auf gesunde, wertvolle Produkte legten, umweltfreundlich angebaut und garantiert ohne Schadstoffe. Als man noch den Ruf eines Latzhosen- und Birkenstocksandalen-Trägers hatte und nicht nur nach dem Aussehen der Ware kaufte. Heute glänzen Bioprodukte ebenso wie konventionelle, werden Chips, Gummibärchen und Fertiggerichte angeboten. Dabei wurden leider viele Werte dem Gewinn geopfert. Gerade Fertiggerichte wären früher undenkbar gewesen, denn man legte ja Wert auf gesunde Kost! Heute laden sie bedenkenlos im Einkaufswagen, da "Bio" schließlich für Bekömmlichkeit steht. Der Durchschnittsbürger ist sie ja gewohnt, nun kauft er sie eben als "Bio" eine Stufe hochwertiger. Vergessen ist die Tatsache, dass selbst gute Rohstoffe sich zu ungesundem Ramsch verarbeiten lassen.

Bio ist plötzlich nicht mehr die komische Nischenware für Leute mit zottigen Haaren und Bärten, sondern Edelware für jedermann. Ein Trend, den viele mit Sorge beobachten, da es Supermarktketten kaum um hochwertige Produktqualität geht. Sie interessiert einfach das Geld, das mit Bioware zu machen ist. Die größte Gefahr besteht in der Macht der Konzerne, mit der sie z.B. einen Preiskrieg beginnen oder sich in Bio-Großhändler einkaufen könnten. Umweltbewusste Käufer unterstützen durch ihren Einkauf dann auch rücksichtslose Riesenkonzerne. Zudem könnten die ihre Begeisterung für Ökologie plötzlich wieder fallenlassen und sie durch jeden x-beliebigen Trend ersetzen, so z.B. genmanipuliertes Essen.

Gefahr oder Stärkung der Branche? Warnungen vor Discounterketten

Der große Vorteil von frischen Biolebensmitteln besteht in der Pestizidfreiheit. Da die Bauern zudem auf Stickstoffdünger verzichten, reichert sich gewöhnlich nicht so viel Nitrat in der Ware an. Gesund sind Biolebensmittel also auf jeden Fall, allerdings schwankt ihre Qualität stärker als die konventioneller Produkte, wie manche Tests (z.B. der Stiftung Warentest) belegen.

Der Grund ist rasch gefunden, denn während bei konventionellen Produkten keiner besonders hehre Interessen hegt, legen viele Biobauern und -verkäufer Wert auf hohe Qualität. "Echte" Biobauern haben Umweltfreundlichkeit und Gesundheit im Sinn, zudem oft auch Soziales, sowohl für Mitarbeiter als auch für Tiere. "Falschen" geht es nur ums Geld, unter Einhaltung von Mindest-Biostandards (des verkaufsfördernden Namens wegen). Ob genau in dieser Tomate dann etwas mehr Spritzmittelrückstände waren, als eigentlich hätten sein dürfen, danach fragt hinterher niemand mehr. Der Verkäufer hat sein Geld, der Käufer sein "Bio"-Produkt, und beide sind glücklich.

Natürlich kommt eine Ausweitung der Biobranche vielen zugute, denen bis dato das Geld zum Bio-Einkauf fehlte. Doch darüber sollten alte Werte nicht vergessen werden, denn Supermarktketten drohen mit Bio zu machen, was sie bereits mit konventionellen Produkten taten: Quantität statt Qualität. Möglichst viel Geld mit möglichst wenig Einsatz. Wie´s dem Kunden dabei geht, kann uns egal sein.

Freilich verpacken sie diese Absichten etwas schöner, doch das Ergebnis ist dasselbe. Man nehme nur Gewächshäuser als Beispiel, in denen Biotomaten auf Steinwollsubstrat (mit Nährlösung) gezüchtet werden, statt auf gewöhnlicher Erde. Man nehme Biokäse und -wurst als Beispiel, deren monatelange Reifung auf Stunden verkürzt wurde. Je größer die Nachfrage und je niedriger das Angebot, desto eher lohnt sich ein Betrug. Ob dies tatsächlich dem Wunsch des Kunden entspricht, sei dahingestellt.

Doch der Trend hat auch seine guten Seiten, bestärkt er doch die Branche in ihren Idealen. Er zeigt, dass sie in den vergangenen Jahrzehnten mit ihrem Engagement eine starke Leistung erbrachte. Offensichtlich entschied sie sich für einen guten Weg, den nun auch bisher Unbeteiligte betreten. Vermutlich wird sich der Biomarkt einfach spalten, so wie sich der Lebensmittelmarkt in konventionelle und biologische Erzeugnisse spaltete. Einige kaufen Lebensmittel mit Mindestbiostandards billig im Discounter, andere solche mit hohen Standards teurer im Bioladen. Bleibt nur zu hoffen, dass die Kunden sich im Klaren sind über das, was sie im Supermarkt als "Bio" kaufen.